Reisebericht, Saporoschje, Ukraine 8. – 17.05.2017
Am 4. Mai 2017 haben wir in Frauenfeld mit den unermüdlichen und wertvollen freiwilligen Helfern ca. 13 Tonnen Hilfsgüter geladen. Am Sonntagabend fuhren wir nach 22 Uhr bei Dunkelheit und heftigem Regen ab Konstanz los. Glück mit dem Wetter hatten wir sonst bis Höhe Kiev.
Nonstop fuhren wir die erste Etappe gut 19 Stunden bis Szarna, Nähe Tarnow (Polen). Wir tankten, vergleichsweise zu einem PW, viel Diesel und als Geschenk dafür gab‘s für jede ein Sandwich. Auf der Weiterfahrt beeindruckten uns in Polen die Weiten mit den grossen gelb-blühenden Rapsfeldern und den grossen, weissen Wolkengebilde am tiefblauen Himmel. Die Weiterfahrt ging flott voran. Den polnischen/ukrainischen Zoll passierten wir in zügigen viereinhalb Stunden.
Mit dem Grenzübertritt in die Ukraine beschäftigten uns die krassen Gegensätzen von prunkvollen Kirchen und ärmlichen Häuschen. Die Fahrt war spannend und interessant – wie ein Film. Hier flickte ein alter Mann seinen Lada, ein anderer war am Oel wechseln. Plötzlich kommt uns ein Trabi mit einem kleinen, alten Einachsanhänger entgegen, in welchem er seine Kuh transportierte. Am Strassenrand haben die alten Frauen ihre selbstgemachten Produkte verkauft. Zu erwähnen ist, dass die Strassen mit 90 km/h befahren wurden. Auch wir deckten uns mit einheimischen Produkten und einem Maierieslistrauss ein; der machte unsere Kabine heimelig und am Tag verlieh er eine persönliche Note.
Den TIR Parkplatz östlich von Berezyna, mit WiFi, erreichten wir am zweiten Tag müde, aber glücklich und zufrieden. Dort genossen wir zum ersten Mal auf der Fahrt eine Dusche und warmes Essen. Auf dem Speiseplan stand ein typisch ukrainisches Menu: Borschtsch und Kartoffeln. Die aufmerksamen Gastgeberinnen waren bis spät in der Nacht für ihre Gäste da. Das Thermometer erreichte in der Nacht 3° C.
Die Strassen- und Militärsperren passierten wir jedes Mal ganz langsam und „hofeli“. Wir wurden kein einziges Mal angehalten. Zu unserem Glück mussten zwei Mal die Lastwagen vor uns halten. Uns fiel der Zusammenhalt der LKW-Fahrer auf. Wir wurden von einer Gruppe Fahrer zu einem Espresso eingeladen. Wir bedankten uns mit einem Schoggistängeli für jeden. Später überholten uns die roten Sattelschlepper mit einem Hupkonzert.
Ein weniger tolles Ereignis erlebten wir auf dem Zollhof in Irpin. Es war für uns bitter, als alle andern LKW am Zoll von Irpin ihre Motoren starteten und einer nach dem anderen abfuhr. Wir schauten ihnen wehmütig nach. Mit ein paar anderen zurückgebliebenen Fahrern verbrachten wir die Nacht auf dem Zollhof. Wir wären doch gerne weitergefahren. Die Wartezeit vertrieben wir ausserhalb vom Zollgelände. Dort sahen wir auf unserem Rundgang eindrückliche Szenen.
Am nächsten Nachmittag fuhren wir endlich dem Fluss Dnjeper entlang in Richtung Süden weiter. Die Strassen wurden holpriger, die Löcher mehrten sich. Der Regen holte uns ein. Die Übersicht mit den Baustellen bei Nacht und Regen zu behalten war für den Fahrer anstrengend.
Die Verständigung war etwas schwierig, da die Übersetzerinnen anderweitig beschäftigt oder ausser Landes waren. Irgendwie schafften wir es doch und wir wurden herzlich empfangen. Die ukrainische Polizei eskortierte uns mit Blaulicht und Sirene vom Stadtrand von Saporoschja bis zum Abladeort. Mega Service! Auch da warteten schon die Helfer von der Feuerwehrtruppe auf uns. Wir bildeten eine Menschenschlange und luden Tonne für Tonne ab. Es war schön, dieses Engagement von den Ukrainern zu spüren. Die Feuerwehrmannschaft ist mit ihrem eher älteren Feuerwehrmodell nach dem Entladen wieder abgefahren. Doch vorher durfte sich Sarah noch ins Cockpit des „Oldmobile“ setzen.
Nach dem Ablad lud uns unser Gastfamilie zu einer wohltuenden Dusche, feinem Essen und Übernachten ein. Wir durften sie auch zum Geburtstagsfest von Vlad Machowski begleiten. Er fährt zwei bis drei Mal pro Woche ins Kriegsgebiet nach Donezk und bringt die Hilfsgüter den Bedürftigen. Während dem Fest wurde viel gesungen und geredet. Auf einem Video vom Kriegsgebiet, sahen wir wie Gebäude in unmittelbarer Nähe von Geschossen getroffen wurden und einstürzten. Auch wie sich jemand hinter eine Mauer duckt. Das anzusehen beschäftigte und berührte uns. Am Schluss des Geburtstagsfestes gab es, wie bei uns üblich, Kaffee und eine grosse Torte. Die frische Milch lieferte Maria die Kuh. Sie stand auf der Weide an einen Pflock gebunden. Ein junger Mann hatte sie gemolken. Auch Sarah und Jolanda verdienten sich ihre Milch im Kaffee mit Selbermelken. Das nennt man frische Milch!
Vor Kiew, um 2 Uhr, die Tankuhr zeigte kurz vor Reserve an, funktionierte die UTA-Karte wegen einer Attake nicht. Zum Glück hatten wir eine Kreditkarte dabei und verloren so nicht schon wieder Zeit mit Warten. Auf dem Rückweg passierten wir die Karpaten, eine der schönsten Streckenabschnitte, leider bei Nacht.
Mit einer Punktlandung sind wir in Frauenfeld nach 10 Tagen heil im Lager eingetroffen. Um 17 Uhr gaben wir den Lastwagen geputzt und geschmiert ab. Schon am folgenden Morgen haben dann wieder fleissige Hände Hilfsgüter für den nächsten Transport geladen.
Es war eine super Reise, die wir uns zwar mit Knochenarbeit verdienten. Doch die vielen tollen Eindrücke und Erlebnisse bleiben uns in wertvoller Erinnerung. Wir sind Gott für alle Bewahrung und Hilfe von Herzen dankbar.
Sarah und Jolanda