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Reisebericht Svetli, Moldawien, 18. bis 26. März 2019

Nach der Papierübergabe ging für uns die Reise los. Obwohl wir beide aus demselben Dorf kommen, kennen wir uns nur oberflächlich. Nun, zehn Tage zusammen auf engstem Raum wird dies sicher ändern. Walter ist Hauptfahrer und ich sein Lehrling, da ich nur für Licht im Osten LKW fahre.

Die Durchfahrt von Deutschland und Österreich sind ohne spezielle Ereignisse. Kilometer um Kilometer werden abgespult. Für mich ein eintauchen in die Welt der Chauffeure. Ein gewaltiger Kontrast zu meinem Beruf als Landwirt. Ungarn mit seinen grossen weiten Feldern fasziniert mich. Bis jetzt sind wir nur auf der Autobahn unterwegs. Die Spannung steigt. Denn wir verlassen die Autobahn und schon bald sind wir am Zoll. Na, wenigsten hätten wir die Autobahn verlassen sollen. Trotz Wegweiser lesen, irritieren uns die Ortsangaben und schon ist die Ausfahrt verpasst. Das heisst, 30 km in den Sand gesetzt.

Am Zoll Ungarn / Rumänien steigt mein Puls. Zollbeamte, Polizei, viel Papier und noch mehr Stempel strapazieren meine Nerven. Aber Walter managt das souverän. Rumänien. Ich kann mich nicht satt sehen. Die Dorfstrukturen faszinieren mich. Ebenso die Diskrepanzen in der Landwirtschaft. Da ist noch der Pferdegezogene Pflug und Wagen und gleichzeitig ein Gigantismus an Feldgrössen und PS-starken Traktoren. Zu Rumänien gehört die Durchquerung der Karpaten. Ein Highlight der Reise. Auf einer gut ausgebauten Strasse geht es rauf und runter, um Spitzkehren und wunderbaren Aussichtpunkte vorbei. Zum Glück sind die Strassen Schneefrei. Aber es wird vor Eisglätte gewarnt. Ein verunglückter Sattelschlepper macht einem noch vorsichtiger beim Fahren.

Wieder steigt der Puls langsam aber stetig an. Schon bald sind wir an der Grenze Rumänien/Moldawien. Der Rumänisch Zoll ist schnell passiert und wir fahren über die Brücke nach Moldawien. Zwei Beamte wollen Fahrzeugausweise, Versicherungsausweise und die Plombe am Auflieger sehen. Der jüngere Beamte sieht überall Probleme. Er erklärt, dass der Sattel-Auflieger keine Grüne Versicherungskarte hätte. Wir suchen fieberhaft. Finden auch keine zweite Grüne Karte, sind aber der Überzeugung, dass eine vorhanden sein müsste. Der junge Beamte scheint es zu geniessen, dass wir ein Problem haben. Dies entspannt die Situation auch nicht gerade. Der Moldawische Fahrer im LKW hinter uns mischt sich nun ein und siehe da, er weiss, dass unser Versicherungsnachweis für den Schlepper UND Auflieger gilt. Danach ist alles nur noch Fleissarbeit. Stempel da und Stempel dort aufs Papier. Alles in allem gut 3 Stunden und wir sind durch den Zoll. Schnell, sehr schnell ist das.

Durch Moldawien erleben wir alles was Strassenbeschaffenheit anbelangt. Am schlimmsten ist die Umfahrung von Comrand für LKW. Noch Schritttempo kann zu schnell sein und es gleicht einer Kunst durch die Löcher und Bodenwellen zu kommen ohne den Spoiler in den Dreck zu stecken. In Svetli werden wir herzlich empfangen und zwanzig junge Männer warten ganz ungeduldig, um den LKW abzuladen. Danach können wir duschen und erhalten ein feines Mittagessen. Hier sehen wir auch etwas von der Arbeit, die in Svetli geleistet wird. Aufgabenhilfe in zwei Klassen, einen Raum für den Jugendclub, der am Abend offen ist, ein Spielfeld und einen Spielplatz. Im Gespräch mit dem Zentrumsleiter wird sofort klar, wie wichtig diese Einrichtung für das Dorf ist. Svetlis Einwohnerzahl ist in den letzten Jahren von 5000 Einwohnern auf 2000 Einwohner geschrumpft. Arbeitslosigkeit und keine Perspektive für die Zukunft veranlassen die Menschen in den Westen oder nach Russland auszureisen. In diesem Umfeld ist es für die schwächsten und ärmsten der Gesellschaft doppelt schwer, dass sie nicht durch Alkohol, Armut, Krankheit und soziale Isolation verwahrlosen. Hier Kindern und Erwachsenen eine Oase der Stabilität und Wertschätzung zu bieten ist eine echte Hilfe. Walter und ich staunen über das Engagement der Christen vor Ort und sind dankbar, ein kleiner Mosaikstein in der langen Helferkette zu sein, die Hilfe und gelebtes Evangelium nach Moldawien bringt.

Die Rückreise verläuft ohne spezielle Ereignisse. In Österreich laden wir eine Rückladung, welche wir in Olten abliefern. Nach dem Schweizerzoll verlässt uns auch das Adrenalin. Müdigkeit macht sich breit und wir sind froh bald zu Hause zu sein. In Frauenfeld das Fahrzeug waschen und die Kabine zu reinigen, gehört ebenso zum Abschluss der Reise, wie mit Oli das Debrifing der Reise zu machen.

Für Walter ist es die letzte Fahrt. Mit 75 Jahren ist nun endgültig Schluss. Für mich mit 56 Jahren hoffentlich erst der Anfang. Danke Walter für die Lehrzeit mit dir. Du hast mir viel Wertvolles mitgegeben und unsere Kabinengemeinschaft war ein Genuss und Segen zugleich.